Am letzen Juni Wochenende (30.06./01.07. 2018) war Andre Bertel in Halle/Westphalen. Als ich die Ausschreibung vor rund einem halben Jahr gesehen habe, meldete ich mich sofort an. Der Lehrgang war Teilnehmer-begrenzt und ich wollte unbedingt einen Platz haben. Bereits einen Tag vorher bin ich angereist und konnte die Nacht entspannt im Hotel verbringen und mich auf den Lehrgang freuen. Ich war tatsächlich ein wenig aufgeregt, denn ich habe mit im Vorfeld recht viele Youtube Videos der vorheriger Lehrgänge von Andre Bertel angeschaut. Und dort ging es zur Sache.
Wer sich mal einige der Youtube Videos der Lehrgänge von Andre Bertel angeschaut hat, bekommt einen guten Eindruck von dem, was ich nun „in Echt“ erleben durfte. Andre geht voll ab … ich habe selten einen Karateka erlebt, der so heftige Techniken an den Mann bringt.
Er begann das Training mit der Ansage: Der Lehrgang ist für Euch. Ich möchte das jeder von Euch etwas mitnimmt, lernt und sein eigenes Niveau anhebt. Zudem hat er mehrfach gesagt, dass man hier nicht mit falschem Ehrgeiz an die Sache herangehen soll. Wenn jemand eine Übung nicht machen kann, z.B. wegen eine kleinen Verletzung, dann sollte man das auf keinem Fall tun.
Am ersten Tag übten im Grunde recht einfache Techniken, also Grundlagen: Choku-Zuki, Oi-Zuki, Gyaku Zuki, Age-Uke … Zenkutsu Dachi usw. Er zeigte uns, was wir „falsch“ machen, bzw. wo man sich verbessern kann und er verriet uns einige kleine Tricks, wie die Technik noch effektiver wird. Wir probten auch immer mit einem Partner, so dass man seine Hinweise direkt ausprobieren konnte. Beispielsweise konnten wir erleben welchen Effekt es hat, wenn man beim Zuki die Hand wirklich erst im letzten Moment dreht. Das hat mir echt gut gefallen und war eindrucksvoll.
Zudem haben wir einige Wurfübungen eingeübt und haben eine Kumite Form kennengelernt, bei des es um Improvisation geht. Das kann man recht realistisch üben und das ist ein wichtiger Punkt in dem Training mit Andre Bertel. Er praktiziert Budo Karate, kein Sport Karate. Alles war er macht und übt soll in der Selbstverteidigung funktionieren. Es gibt Übungen, die einzig und allein dem körperlichen Training, der Koordination, dem Distanzgefühl sowie dem Timing dienen. Und dann gibt es Übungen, die für die Selbstverteidigung geeignet sind. Alle Kumite-Übungen, die wir in der Regel in den Dojos trainieren, gehören zur ersten Gruppe von Übungen und habe selten etwas mit Realismus zu tun.
Eines meiner Ziele für das Wochenende war, dass ich als Trainingspartner von Andre Bertel mal erlebe, wie sich seine Techniken so „anfühlen“. Und so meldete ich mich als Freiwilliger, als er Gyaku-Zukis demonstrieren wollte. Mir war klar, dass das hart wird … aber ich wollte das unbedingt. Und das war schon echt heftig. Er begann mit einer einfachen Form, in dem er „nur die Hüfte“ zur Krafterzeugung einsetzte. Schon der Schlag war nicht so einfach wegzustecken. Die Krönung war, als er den Zuki mit vollem Körpereinsatz demonstrierte. Da blieb mir für einen kurzen Moment die Luft weg, da er sehr dicht am Solarplexus arbeitete. In jedem Fall war es eine Erfahrung. Ich kann also einen Haken an die Erreichung des Ziels machen!
Am Sonntag starteten wir mit einer kurzen Wiederholung und dann beschäftigten wir uns mit Kata. Wir sind alle Heian Katas gelaufen und er hat uns auf typische Probleme hingewiesen und recht wertvolle Tips gegeben, wie wir mit einfachen Mitteln das Niveau jeder Kata steigern können.
Dann hat er uns eine neue Kata beigebracht. Eine sehr alte Kata, die sein Sensei Asai trainiert hat und auf „Kranich Techniken“ basiert. Die Kata heisst Kakioku Sandan. So wie ich das verstanden habe ist es eine sehr alte Kata aus Okinawa. Es wird viel mit offenen Händen gearbeitet … mit den Flügelspitzen des Kranichs. Andre Sensei meinte, dass sich die Kata besonders gut eignen würde, Lockerheit und Schnelligkeit zu trainieren.
In der letzten Einheit hat Andre Sensei noch einige Anwendungen demonstriert, die mich beeindruckt haben. Im Grunde waren es – und das hat er auch immer betont – Grundtechniken, die wir alle trainieren. Er hat diese Techniken in einen anderen Kontext gesetzt und damit den Horizont erweitert.
Am Ende des Lehrgangs ging er durch jede Reihe und hat jeden Teilnehmer mit einem Handschlag verabschiedet. Das hat mir gut gefallen.
Fazit: Ich habe an diesem Wochenende Karate erlebt, wie ich es mir vorstelle. Vorgelebt von einem super Trainier mit einer ganz tollen Ausstrahlung. Wer einmal die Chance hat, einen Lehrgang mit ihm zu besuchen, sollte es tun. Er hat sehr viel erklärt und ich muss das alles erst einmal verarbeiten. Er hat ein enormes Wissen über viele Aspekte jeder einzelnen Technik. Und er hat uns nun ein paar praktische Tips mitgegeben, mit denen wir unser Karate ein wenig verbessern können. Daran werde ich nun in Zukunft arbeiten.
Oss, Markus